Strafrecht
26.1.23

Alles für das Klima - der (leicht abgeänderte) Sachverhalt

Der Angeklagte bekannte sich als Klimaschutzaktivist. Im Sommer 2021 sprühte er auf die Fassade eines Universitätsgebäudes der Leuphana Universität Lüneburg folgende Worte: „Leuphana divest: Kohle aus Nord/LB“. Hiermit wollte er auf den menschengemachten Klimawandel aufmerksam machen. So habe die Universität Gelder bei der Norddeutschen Landesbank investiert, die ihrerseits in umweltschädliche Gas- und Kohleenergieunternehmen investiert habe. Der Universität sei hierdurch ein Schaden i.H.v. EUR 1.640,25 entstanden.

Das Urteil

Ohne großen Umschweif kann hier direkt auf § 303 StGB abgestellt werden. Ob nun § 303 Abs. 1 (einschlägig, wenn erhebliche Substanzverletzungen der besprühten Wände nach der Entfernung der großflächig aufgetragenen Farbe mittels Hochdruckreinigung eintreten) oder§ 303 Abs. 2 StGB anzuwenden ist (subsidiär bei anderen Schmierereien), kann für hiesige Zwecke dahinstehen. So geht es vielmehr um die Rechtswidrigkeitsebene. Im Ergebnis wird die Rechtswidrigkeit der Handlung bejaht.

Nach § 34 S. 1 StGB ist ein Handeln, um eine gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr für das Leben von sich oder einem anderen abzuwenden, nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt.

Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden. Hierzu äußert sich das OLG:

„Eine Rechtfertigung aufgrund Notstands gem. § 34 StGB scheidet aufgrund einer fehlenden Geeignetheit des Handelns des A für die von ihm bezweckte Abwehr der Gefahr eines möglicherweise unumkehrbaren Klimawandels aus. Denn die Beschädigung der Fassade der Leuphana Universität ist nicht in der Lage, dem Klimawandel entgegenzuwirken. […] Zumindest ist schließlich auch nicht ersichtlich, dass die Gefahr eines Klimawandels nicht anders als durch die Begehung die Begehung von Straftaten abgewendet werden könnte.“

Weiter geht das OLG auf eine mögliche Rechtfertigung aufgrund zivilen Ungehorsams ein, verneint dies aber mit zutreffender Begründung. Denn würde ein ziviler Ungehorsam als Rechtfertigungsgrund anerkannt, der allein auf der Überzeugung des Handelnden von der Überlegenheit seiner eigenen Ansicht beruhe, so liefe dies auf eine grundsätzliche Legalisierung von Straftaten zur Erreichung politischer Ziele hinaus. Im Ergebnis wurde der Angeklagte daher der Sachbeschädigung für schuldig befunden.

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